Stell dir vor, du bist mitten in einem Bauprojekt – und plötzlich ändern sich die Spielregeln. Neue Anforderungen tauchen auf, unerwartete Herausforderungen stellen sich dir in den Weg. Hier kommt das Nachtragsangebot ins Spiel – ein Werkzeug, das es dir ermöglicht, für zusätzlich geleistete Arbeit angemessen entlohnt zu werden.

Nicht selten wird in der hitzigen Phase der Bauausführung von dir verlangt, über den ursprünglichen Vertrag hinaus zu gehen. Ein gut fundiertes Nachtragsangebot sichert deine Ansprüche ab und sorgt dafür, dass deine Mühen nicht umsonst waren. In diesem Artikel sehen wir uns gemeinsam an, wie du das Nachtragsangebot als Werkzeug für eine faire Bezahlung nutzen kannst.

Nachtragsangebot – die VOB Richtlinien im Überblick

Was ist ein Nachtragsangebot?

Ein Nachtragsangebot ist deine schriftliche Forderung an den Auftraggeber, zusätzliche oder geänderte Leistungen zu vergüten, die über den initial vereinbarten Bauumfang hinausgehen. Diese Situationen treten auf, wenn unvorhergesehene Änderungen notwendig werden, um das Projekt erfolgreich abzuschließen. Das Angebot selbst besteht aus einer detaillierten Begründung und einer sorgfältigen Kalkulation der Mehrkosten, basierend auf der ursprünglichen Kostenkalkulation.

Besonders im Rahmen von VOB-Verträgen, die in öffentlichen Bauprojekten zum Tragen kommen, ist die Erstellung von Nachträgen genau geregelt. Verschiedene Paragraphen (§2 VOB/B) decken eine Bandbreite an Situationen ab – von Mengenabweichungen bis hin zu zusätzlich geforderten oder geänderten Leistungen. Jedes dieser Szenarien verlangt von dir, dass du dein Nachtragsangebot nicht nur präzise, sondern auch überzeugend argumentierst.

Die Kunst der fairen Kalkulation

Der Preis für die zusätzlichen Leistungen sollte fair und gerecht sein. Dabei kannst du dich an den tatsächlichen Mehr- oder Minderkosten der ausgeführten Arbeiten orientieren. Es ist empfehlenswert, schon vor Beginn der zusätzlichen Arbeiten eine Einigung über die Kosten zu erzielen, um spätere Konflikte zu vermeiden.

Leider zeigt die Praxis oft, dass Auftragnehmer und Auftraggeber sich zunächst nur dem Grunde nach einigen, was bedeutet, dass die genaue Vergütung noch im Raum steht. Die Herausforderung besteht also darin, nicht nur deine finanziellen Interessen zu wahren, sondern auch die Beziehung zum Auftraggeber nicht zu belasten.

Präzise Schritte: Von der Ankündigung bis zur Prüfung eines Nachtragsangebots

Vor allem wenn es darum geht, zusätzliche Vergütungen für unerwartete Leistungen in Bauprojekten gerechtfertigt zu bekommen, ist ein professionelles Vorgehen gefragt. Konzentriere dich dabei auf folgende vier Schritte (falls das Nachtrags-Leistungsverzeichnis vom Auftraggeber nicht gestellt wird):

  1. Nachtrag ankündigen
  2. Nachtragsangebot mit Kalkulationsnachweis schreiben
  3. Nachtragsangebot mit allen Anlagen (Begründung, Leistungsbeschreibung, Kalkulationsnachweise nach VHB, Nachbemerkungen) einreichen
  4. Prüfung des Nachtragsangebots durch den Auftraggeber

Nachtragsangebote richtig ankündigen

Der Prozess beginnt mit einer wohlüberlegten Ankündigung. Als Handwerker musst du, sobald du einen Nachtrag laut VOB geltend machen kannst, die andere Vertragspartei unverzüglich informieren. Eine proaktive Kommunikation ist hierbei entscheidend, denn je früher das Nachtragsangebot gestellt wird, desto mehr Zeit bleibt beiden Seiten, um eine faire Lösung zu finden.

Nachtragsangebot: Der Kern deiner Forderung

Sobald der Nachtrag angekündigt ist, folgt das Ausarbeiten des eigentlichen Nachtragsangebots. Hierbei ist es entscheidend, dass du ein klares, präzises und leicht nachvollziehbares Angebot verfasst.

Merke:

Ein gut strukturiertes Nachtragsangebot umfasst ein Anschreiben mit einer überzeugenden Begründung, einen detaillierten Kalkulationsnachweis sowie das Nachtragsleistungsverzeichnis und weitere unterstützende Dokumente. Diese Bestandteile garantieren, dass du deine Forderungen effektiv und klar darlegst.

Einreichung: Deine Dokumentation auf dem Prüfstand

Nach Fertigstellung des Nachtragsangebots ist es Zeit, dieses beim Auftraggeber einzureichen. Ein umfassend und präzise formuliertes Angebot erhöht dabei die Wahrscheinlichkeit, dass der Auftraggeber deine Nachtragsforderung akzeptiert. Verwende stets eine Standardvorlage für Vortexte und Nachbemerkungen für das Nachtragsangebot, um sicherzustellen, dass alle wichtigen Punkte abgedeckt sind.

Die gründliche Prüfung durch den Auftraggeber

Nach der Einreichung deines Nachtragsangebots beginnt die kritische Phase der Prüfung durch den Auftraggeber oder sein Team aus Architekt und Fachplaner. Diese umfasst sowohl die Sach- als auch die Preisprüfung. Die Sachprüfung bestätigt die Rechtmäßigkeit deiner Forderung, während die Preisprüfung sicherstellt, dass die Kosten gerechtfertigt sind. 

Ist der Auftraggeber mit dem Inhalt einverstanden, folgen die offizielle Anerkennung und die Beauftragung der Nachtragsleistungen. Dein Nachtragsangebot war nun erfolgreich!

Praxistipps für ein erfolgreiches Nachtragsangebot

Ein Nachtragsangebot im Baugewerbe hat nichts mit Gier oder Unprofessionalität zu tun. Ganz im Gegenteil: Ein gut durchdachter und fairer Nachtrag kann die Zusammenarbeit zwischen Handwerker und Bauherr stärken und zu beiderseitiger Zufriedenheit führen. Hier sind einige Tipps, um dein Nachtragsangebot effektiv zu gestalten und Misstrauen abzubauen.

Klarheit und Transparenz sind entscheidend

Um Skepsis von Beginn an zu vermeiden, solltest du dein Nachtragsangebot mit größter Klarheit und Transparenz verfassen. Es ist unerlässlich, eine sachliche und gut begründete Darstellung deiner zusätzlichen Forderungen zu bieten. 

Nutze dazu die Richtlinien von § 2 VOB/B und erkläre detailliert, warum die zusätzlichen Kosten angefallen sind, etwa mit einem präzisen Kalkulationsnachweis, der die ursprünglichen und tatsächlichen Aufwendungen gegenüberstellt.

Vermeide häufige Fehler bei der Erstellung des Nachtragsangebots

Ein häufiger Stolperstein bei Nachträgen ist das Fehlen einer fundierten Begründung oder einer präzisen Kalkulation. Stelle sicher, dass dein Angebot alle erforderlichen Informationen enthält und leicht verständlich ist. 

Unklarheiten in der Nachtragsbegründung oder eine fehlende Offenlegung der Ursprungskalkulation können dazu führen, dass der Auftraggeber das Angebot zur Überarbeitung zurückstellt. Dies verzögert den Prozess und kann frustrierend sein.

Kommunikation bei einem Nachtragsangebot fördern

Mache nicht den Fehler, dem Auftraggeber ein unangekündigtes Nachtragsangebot zu senden. Stattdessen solltest du den Auftraggeber frühzeitig in die Erstellung des Nachtrags einzubeziehen. Regelmäßige Kommunikation und das gemeinsame Besprechen von möglichen Lösungen können helfen, eine zufriedenstellende Einigung zu erzielen.

Konfliktmanagement: Verhandeln statt streiten

Bei VOB Nachträgen ist es unerlässlich, offen für Verhandlungen zu bleiben und Vorschläge des Auftraggebers ernst zu nehmen. Eine Kooperation statt Konfrontation zu wählen, hilft dabei, mögliche Konflikte zu vermeiden und führt zu einer effizienteren Projektfortsetzung. Gute Kommunikation und das Bereitstellen von präzisen Kalkulationsnachweisen sind dabei dein bestes Werkzeug, um aufkommende Streitigkeiten effektiv zu lösen.

Von der Koordinations- zur Fürsorgepflicht – deine Chance als Handwerker

Doch in dieser Lücke liegt deine Chance: Dein Handwerksunternehmen kann durch vorbildliche Fürsorge glänzen. Nutze deine Schutz-, Hinweis- und Warnfunktionen, um eigenständig Dokumente zu erstellen und so deine Position zu stärken. Mach klar, dass gute Koordination kein optionaler Luxus, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil erfolgreicher Projektrealisierung ist!

Fazit

Das Nachtragsangebot ist ein unverzichtbares Werkzeug in der Baubranche, das sicherstellt, dass du als Handwerker für zusätzliche, unvorhergesehene Leistungen angemessen entlohnt wirst. Nutze dieses Werkzeug, um keine Geschenke an deinen Auftraggeber zu verteilen und deine Arbeit maximal wertzuschätzen.

FAQ – häufig gestellte Fragen zum Nachtragsangebot

Was ist ein Nachtragsangebot? 

Ein Nachtragsangebot ist eine formelle Forderung an den Auftraggeber, zusätzliche oder geänderte Leistungen, die über den ursprünglichen Umfang des Bauvertrags hinausgehen, zu vergüten. Du kannst es stellen, wenn unerwartete Änderungen während des Bauprojekts notwendig werden.

Wann sollte ein Nachtragsangebot eingereicht werden? 

Das Nachtragsangebot sollte so früh wie möglich eingereicht werden, sobald klar wird, dass zusätzliche oder geänderte Leistungen erforderlich sind. Dies ermöglicht eine zeitgerechte Bewertung und Verhandlung der zusätzlichen Kosten – und bringt für dich die maximalen Erfolgschancen mit sich.

Wie wird ein Nachtragsangebot geprüft? 

Nachtragsangebote werden vom Auftraggeber oder dessen Vertretern wie Architekten oder Bauleitern geprüft. Die Prüfung umfasst sowohl die sachliche Rechtmäßigkeit als auch die Angemessenheit der geforderten Preise.

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