Als Handwerker bist du ein tatkräftiger Umsetzer. Die zeitliche Planung eines öffentlichen Bauprojekts fällt jedoch unglücklicherweise in die Zuständigkeit von Architekten und Fachplanern. Obwohl sie wenig Ahnung vom Tagesgeschäft auf einer Baustelle haben, kommt ihnen die Aufgabe zu, einen Bauzeitenplan zu erstellen.

Warum die meisten Bauzeitenpläne unrealistisch sind und wie du als Handwerker mit dieser Tatsache umgehst, erklären wir dir in diesem Beitrag unseres VOB Magazins.

Bauzeitenplan – das Konzept kurz erklärt

Was ist ein Bauzeitenplan?

Ein Bauzeitenplan stellt den zeitlichen Ablauf aller Bauaktivitäten präzise dar. Dieser Plan, der den Umfang und die Dauer jedes Gewerks auf der Baustelle visualisiert, ist ein entscheidender Bestandteil der HOAI Leistungsphasen 3, 5 und 6. 

Der Bauzeitenplan dient dabei als Fahrplan für die beteiligten Handwerker und Techniker. Für den Architekten ist er die verbindliche Zeitlinie, um Fortschritte auf der Baustelle zu überwachen und zu steuern. Damit dies funktioniert, bedarf der Bauzeitenplan einer kontinuierlichen Anpassung und Aktualisierung. Um auf Veränderungen und unvorhergesehene Ereignisse reagieren zu können, sollte er idealerweise wöchentlich fortgeschrieben werden.

Obwohl seine Erstellung nicht gesetzlich für jedes Bauvorhaben vorgeschrieben ist, legen viele Bauherren Wert auf den Bauzeitenplan, um effiziente Abläufe und die Einhaltung des Zeitrahmens zu gewährleisten. Im idealen Projekt dient der Bauzeitenplan als eine zentrale Informationsquelle, die Sicherheit und Klarheit in das chaotische Umfeld der Baustellen bringt.

Warum deine Bauzeitenpläne nie vorhanden sind oder nie fortgeschrieben werden

Wie du dir vermutlich schon denken kannst, tritt dieser Idealfall so gut wie niemals ein. Die Erstellung eines Bauzeitenplans stellt häufig eine große Herausforderung für die zuständigen Planer dar. Architekten und Fachplaner stoßen hier oft an ihre Grenzen, da das erforderliche praktische Verständnis für die tatsächlichen Abläufe auf der Baustelle fehlt.

Um Bauzeiten realistisch abschätzen zu können, braucht es spezifische Baustellen-Kenntnisse. Ein Beispiel: Auf den Rohrleitungsbau folgen Phasen wie die Druckprüfung, die Dämmung und die Fertiginstallation, wodurch sich eine komplexe Zeitplanung ergibt. Mit solchen Zusammenhängen werden Fachplaner in ihrem Studium nicht konfrontiert.

Dadurch, dass die meisten Nachwuchs-Planer keine Praxiserfahrung auf der Baustelle vorweisen können, entstehen unrealistische Schätzungen und Bauzeitenpläne, die unreflektiert von den Architekten abgenickt werden. Auftraggeber neigen dazu, diesen Plänen zu vertrauen, oft beeinflusst durch ein freundschaftliches Verhältnis zum Architekten.

Fehlende Bauzeitenpläne: So verbessern sie deine Verhandlungsposition

Die Konsequenz dieses Systemfehlers: Mangelhafte, unvollständige oder komplett fehlende Bauzeitenpläne. Auch das wöchentliche Fortschreiben der Pläne wird in der Praxis nur in den seltensten Fällen eingehalten. Dadurch verletzt der Auftraggeber seine Mitwirkungspflichten, indem er notwendige Entscheidungen auf Basis fehlerhafter Zeitpläne trifft oder verzögert.

Doch hierin liegt auch eine Chance für dich als Handwerker. Im Fall von fehlenden oder unvollständigen Bauzeitenplänen bietet sich dir die Möglichkeit, deine Arbeitsabläufe eigenständig und zu deinem Vorteil zu planen und anzupassen. Treten Probleme auf der Baustelle auf, gelangst du in eine großartige Verhandlungsposition.

Dies schwächt die Position des Architekten, der in seiner Rolle als Koordinator und Überwacher der Bauausführung nachweislich versagt. Von diesen Planungsfehlern kannst du als Handwerker profitieren, indem du zum Beispiel zusätzliche Vergütungen für Änderungen oder Verzögerungen aushandeln kannst.

Fazit

Von einem Bauzeitenplan kannst du als Handwerker auf zwei Ebenen profitieren. Im seltenen Fall eines brauchbaren Bauzeitenplans kannst du ihn nutzen, um deine Arbeit besser zu strukturieren und die Fristen einzuhalten. Ist er jedoch nicht vorhanden oder wird nicht fortgeschrieben, kannst du deine verbesserte Verhandlungsposition gegenüber dem Architekten besser ausspielen. Der Bauzeitenplan spielt dir als Handwerker also in die Karten.

Wichtige Takeaways für Handwerker:

  • Überprüfe den Bauzeitenplan regelmäßig, um immer auf dem aktuellen Stand zu sein.
  • Nutze den Bauzeitenplan als Grundlage für deine Tages- und Wochenplanung.
  • Vergewissere dich, dass der Plan realistische Zeitfenster und Pufferzeiten enthält.
  • Reagiere bei Abweichungen und proaktiv, um Verzögerungen zu vermeiden.
  • Nutze deine positive Verhandlungsposition aus, wenn der Architekt oder Fachplaner keinen ordnungsgemäßen Bauzeitenplan erstellt.

FAQ – häufig gestellte Fragen zum Bauzeitenplan

Ist ein Bauzeitenplan Pflicht?

Ein Bauzeitenplan ist nicht gesetzlich verpflichtend, wird aber in der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) und nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) empfohlen, um einen strukturierten und termingerechten Ablauf der Bauarbeiten zu gewährleisten. Er ist besonders wichtig bei größeren Projekten, um alle Beteiligten koordiniert zu halten und um die Einhaltung der Projektfristen sicherzustellen.

Was bedeutet es für Handwerker, wenn der Bauzeitenplan nicht vorhanden ist?

Fehlt ein Bauzeitenplan, stehen Handwerker oft vor einem organisatorischen Chaos, das zu unnötigen Verzögerungen führen kann. In diesem Fall kannst du als Handwerksunternehmen deine Arbeitsabläufe frei disponieren. Gegenüber dem Fachplaner, dem Architekten und dem Auftraggeber profitierst du von einer enorm guten Verhandlungsposition, da diese ihre Mitwirkungspflichten entscheidend verletzt haben. Kommt es während des Bauprojekts zu Unstimmigkeiten, ist der Architekt ohne vollständigen Bauzeitenplan kaum in der Lage, Details über den Prozess nachzuweisen.

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