Wie du sicherlich schon oft bemerkt hast, läuft auf einer Baustelle selten alles nach Plan. Daher kann auch der absolute Worst Case eintreten: Der Bauvertrag muss von einer der Parteien – sprich vom Auftraggeber oder von dir als Auftragnehmer – gekündigt werden. Doch was sind in dieser Situation die nächsten Schritte? Und wer hat dabei welche Rechte und Pflichten?

Alle Szenarien der VOB Kündigung werden in §8 und §9 der VOB/B geregelt. In diesem Artikel unseres VOB Magazins geben wir dir alle Informationen rund um das Kündigen eines VOB Vertrags an die Hand. Ganz egal, ob du als Handwerker die Kündigung des Vertrags planst oder dein Auftraggeber den Bauvertrag kündigen möchte – mit diesen Informationen bist du stets auf der sicheren Seite.

Der Auftraggeber und sein freies Kündigungsrecht

Vertrag ist Vertrag, oder? Nicht ganz! Laut § 648 BGB hat der Auftraggeber in VOB Projekten das Recht, den VOB Vertrag zu kündigen – ganz ohne Angabe von Gründen. Diese als freie Kündigung bezeichnete Regelung erlaubt es, den Vertrag mit sofortiger Wirkung zu beenden, während der Vertrag für bereits erbrachte Leistungen weiterhin gültig bleibt.

Und was passiert mit meinem Vergütungsanspruch?

Die Möglichkeit zur freien Kündigung bringt finanzielle Verpflichtungen für den Auftraggeber mit sich. Als Handwerker hast du grundsätzlich Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung, auch für die Teile der Leistung, die aufgrund der Kündigung nicht mehr erbracht werden. Für die Abrechnung dieser Leistungen ist jedoch eine Abnahme erforderlich.

Gemäß § 648 Satz 2 BGB muss der Handwerker jedoch mögliche Einsparungen sowie Einkünfte aus anderweitiger Verwendung seiner Arbeitskraft anrechnen lassen. Schwierigkeiten entstehen oft beim Nachweis der genauen Höhe dieser Anrechnungen, weshalb das Gesetz in § 648 Satz 3 BGB eine Pauschale von fünf Prozent der Vergütung für nicht ausgeführte Leistungen vorsieht, sofern kein anderer Nachweis erbracht wird. 

Kündigung aus wichtigem Grund statt freier Kündigung

Nicht immer entscheidet sich ein Auftraggeber aus freien Stücken dazu, den VOB Vertrag zu kündigen. Wird der Bauvertrag nicht frei, sondern aus einem wichtigen Grund gekündigt, beispielsweise wegen gravierender Vertragsverletzungen durch den Handwerker, zahlt der Auftraggeber nur für die bis zu diesem Zeitpunkt ordnungsgemäß erbrachten Leistungen. 

Die VOB/B bietet zudem spezielle Kündigungsrechte, etwa bei fortwährenden Mängeln, die nicht behoben werden, oder bei Verzögerungen in der Ausführung. Diese Regelungen erleichtern es dem Auftraggeber, auf Probleme während der Bauausführung angemessen zu reagieren.

Unter diesen Umständen kannst du den VOB Vertrag kündigen

Handwerker können einen Werkvertrag nicht einfach beliebig kündigen, sondern nur aus einem wichtigen Grund. Dieser kann vorliegen, wenn der Auftraggeber notwendige Handlungen zur Ausführung des Werks nicht vornimmt und dadurch in Verzug gerät. Ein weiterer wichtiger Kündigungsgrund ist gegeben, wenn die Fortführung des Vertrags aufgrund schwerer Pflichtverletzungen durch den Auftraggeber unzumutbar wird.

Folgende Gründe können dir das Recht geben, einen VOB Vertrag zu kündigen:

  • Zahlungsverzug des Auftraggebers: Der Auftraggeber leistet fällige Zahlungen trotz Mahnung und gesetzter Frist nicht.
  • Nichterfüllung wesentlicher Vertragspflichten: Der Auftraggeber verstößt wiederholt oder gravierend gegen wesentliche Vertragspflichten.
  • Unterbrechung der Bauausführung: Längere Unterbrechung der Bauausführung oder Verschiebung des Baubeginns, die nicht durch den Auftragnehmer verschuldet ist.
  • Anweisungen zur Ausführung: Unzumutbare Anweisungen zur Ausführung der Bauleistung, die gegen technische Normen oder Sicherheitsbestimmungen verstoßen.
  • Mangelnde Mitwirkung: Fehlende Mitwirkung des Auftraggeber wie das Nichtbereitstellen erforderlicher Unterlagen oder Genehmigungen.
  • Einstellung der Zahlungen: Der Auftraggeber stellt seine Zahlungen ein oder über sein Vermögen wird ein Insolvenzverfahren eröffnet.

Unsere Faustregel: Erst prüfen, dann kündigen

Eine Kündigung aus wichtigem Grund muss sorgfältig vorbereitet und gut begründet sein, denn Vorschnelle oder unbegründete Kündigungen sind mit Risiken für dich verbunden. So kann eine unwirksame Kündigung dazu führen, dass du zu Schadensersatz verpflichtet wirst.

Beachte deshalb, dass du immer zunächst eine genaue Prüfung der Umstände vornehmen solltest, um sicherzugehen, dass hier ein wichtiger Grund für eine Vertragskündigung vorliegt. Im Zweifelsfall kannst du dich auch von Experten rechtlich beraten lassen.

Fazit

Die Kündigung eines VOB Vertrags ist die letzte Option, wenn die Zusammenarbeit nicht wie gewünscht abläuft. Für Auftraggeber bietet das Gesetz die Möglichkeit der freien Kündigung ohne Angabe von Gründen – allerdings mit der Verpflichtung, die bis dahin erbrachten Leistungen zu vergüten.

Auf der anderen Seite muss hingegen ein wichtiger Grund wie ein Zahlungsverzug oder eine Pflichtverletzung des Auftraggebers vorliegen, damit du als Auftragnehmer einen VOB Vertrag kündigen kannst. Wäge in diesem Fall die Risiken und rechtlichen Folgen deiner Entscheidung, den VOB Vertrag zu kündigen, gründlich ab. 

Eine voreilige oder schlecht begründete Kündigung kann schnell zu finanziellen Einbußen und rechtlichen Auseinandersetzungen führen. Es empfiehlt sich daher, vor einer Vertragskündigung genau die VOB/B-Vorschriften zu prüfen und idealerweise rechtlichen Rat einzuholen, um auf der sicheren Seite zu stehen.

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FAQ – häufig gestellte Fragen zur Vertragskündigung nach VOB

Wann kann ein Auftraggeber einen VOB Vertrag kündigen?

Ein Auftraggeber kann den VOB Vertrag jederzeit ohne Angabe eines speziellen Grundes kündigen. Diese Art der VOB Kündigung wird gemäß § 648 BGB als freie Kündigung bezeichnet. Dabei bleibt der Auftraggeber jedoch verpflichtet, die bis dahin erbrachten Leistungen zu vergüten und Einsparungen oder anderweitig erzielte Verdienste des Auftragnehmers abzurechnen.

Welche Rechte hat der Auftragnehmer bei der Kündigung eines VOB Vertrags?

Der Auftragnehmer kann den Vertrag nur aus wichtigem Grund kündigen. Dies umfasst Situationen wie erhebliche Verletzungen der Vertragspflichten durch den Auftraggeber, insbesondere wenn notwendige Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt werden oder Zahlungen trotz Mahnung ausbleiben.

Welche finanziellen Ansprüche hat ein Handwerker nach der Kündigung eines VOB Vertrags?


Nach einer Kündigung durch den Auftraggeber kann der Handwerker die volle vereinbarte Vergütung verlangen, muss sich jedoch Einsparungen und anderweitig durch andere Aufträge erzielte oder zu erzielende Verdienste anrechnen lassen. Laut § 648 Satz 2 BGB gilt die Vermutung, dass dem Handwerker fünf Prozent der Vergütung für die nicht ausgeführten Leistungen zustehen, sofern kein anderer Betrag nachgewiesen wird. Liegt dem Auftraggeber jedoch ein wichtiger Grund für die Kündigung des VOB Vertrags vor, werden vereinbarte, aber noch ausstehende Leistungen in der Regel nicht vergütet.